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Beginn der Entscheidung

Gericht: Oberlandesgericht Oldenburg
Beschluss verkündet am 02.07.2009
Aktenzeichen: 10 W 2/09
Rechtsgebiete: GrdstVG


Vorschriften:

GrdstVG § 9 Abs. 1
GrdstVG § 9 Abs. 6
1. Bei der Genehmigungsentscheidung nach §§ 2 Abs. 1, 9 GrdstVG sind neben der Förderung der Eigenlandausstattung von Land- und Forstwirten gleichrangig auch andere Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung zu beachten, wie z.B. Maßnahmen des Umwelt- und Naturschutzes oder sonstige andere Ziele, die für den ländlichen Raum relevant sind. Auch volkswirtschaftliche Belange sind nach § 9 Abs. 6 GrdstVG gleichrangig zu berücksichtigen.

2. Zu den volkswirtschaftlichen Belangen gehört auch das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherung der Energieversorgung. Ein Landerwerb, der dazu dienen soll, einem Energieversorger die Anlage eines unterirdischen Erdgasspeichers zu ermöglichen oder die in der Genehmigung dieser Anlage vorgesehenen Ausgleichsflächen zu beschaffen, kann danach als volkswirtschaftlicher Belang beachtlich sein und trotz Vorhandenseins aufstockungsbedürftiger Landwirte die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung nach §§ 2 Abs.1, 9 Abs. 1, Abs. 6 GrdstVG rechtfertigen.


OBERLANDESGERICHT OLDENBURG

Beschluss

10 W 2/09

In der Landwirtschaftssache

betreffend die Ausübung eines siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts hinsichtlich der Flurstücke .../... und .../... Flur ... Gemarkung N..., eingetragen im Grundbuch von N... Blatt ..., und des Flurstücks ... Flur ... Gemarkung N..., eingetragen im Grundbuch von B... Blatt ...

hat der 10. Zivilsenat - Senat für Landwirtschaftssachen - des Oberlandesgerichts Oldenburg durch den Vizepräsidenten des Oberlandesgerichts ... und die Richter am Oberlandesgericht ... und ... sowie die Landwirte ... und ... als ehrenamtliche Richter

am 2. Juli 2009

beschlossen:

Tenor:

Auf die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 2 wird der Beschluss des Landwirtschaftsgerichts Leer vom 17.12.2008 geändert.

Der Bescheid des Landkreises Leer vom 27.6.2008 über die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung und Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3 wird aufgehoben.

Die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu dem vor dem Notarvertreter des Notars V... am 8.5.2008 geschlossenen Kaufvertrag zwischen der Beteiligten zu 2 und der Beteiligten zu 1 wird erteilt.

Klarstellend wird festgestellt, dass die Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3 nicht wirksam geworden ist.

Die Gerichtskosten der Verfahren in beiden Instanzen trägt die Beteiligte zu 3.

Von einer Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten wird abgesehen.

Der Geschäftswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 254.844,90 € festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Beteiligten streiten um ein versagte Grundstücksverkehrsgenehmigung und die Wirksamkeit der Ausübung des Vorkaufsrechts nach dem Reichssiedlungsgesetz (RSG) durch die Beteiligte zu 3.

Die Beteiligte zu 2 verkaufte mit notariellem Grundstückskaufvertrag vom 8.5.2008 (URNr. 341/2008 des Notars V..., L...) landwirtschaftlich genutzte Flächen in N... zur Größe von insgesamt 13,7754 ha an die Beteiligte zu 1 zum Kaufpreis von 254.844,90 € (18.500 €/ha). Der zuständige Notar beantragte für diesen Kaufvertrag mit einem am 13.5.2008 eingegangenen Antrag bei dem Landkreis Leer als zuständiger Genehmigungsbehörde die Erteilung der Genehmigung nach dem Grundstückverkehrsgesetz. Nach einem Zwischenbescheid mit Verlängerung der Entscheidungsfrist auf zwei Monate erließ der Landkreis Leer am 27.6.2008 einen Bescheid gegenüber den beteiligten Vertragsparteien, in dem diesen mitgeteilt wurde, dass der zuständige Grundstücksverkehrsausschuss des Landkreises beschlossen habe, dass die Grundstücksverkehrsgenehmigung zu versagen wäre, dass die Beteiligte zu 3 als Vorkaufsberechtigte nach dem RSG ihr Vorkaufsrecht ausgeübt habe und die Veräußerung für das Rechtsverhältnis zwischen der Verkäuferin und der Vorkaufsberechtigten als genehmigt gelte. Zur Begründung wird in diesen Bescheid im Wesentlichen ausgeführt, dass bei einem Verkauf an die Beteiligte zu 1 der Versagungsgrund einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG vorliege und im Hinblick darauf die Beteiligte zu 3 das Vorkaufsrecht nach §§ 4 ff. RSG ausgeübt habe.

Gegen diesen Bescheid hat die Beteiligte zu 1 einen Antrag auf Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts gestellt.

Sie hat geltend gemacht, dass sie landwirtschaftliche Grundstücke entweder zum Zwecke der Verpachtung an Landwirte oder als Objekte für Tauschgeschäfte mit Landwirten erwerbe, um Ausgleichsmaßnahmen erfüllen zu können, die ihr von der zuständigen Behörde bei beantragten Genehmigungen für Kavernen zur Lagerung von Erdgas in Salzstöcken aufgegeben werden. Im vorliegenden Fall komme hinzu, dass die Grundstücke mit einem bestehenden Pachtvertrag mit einem Landwirt erworben würden, dem die Grundstücke auch weiter überlassen werden sollen. Unter diesen Umständen könne von einer ungesunden Verteilung von Grund und Boden keine Rede sein. Dem mit ihr geschlossenen notariellen Grundstückskaufvertrag sei eine öffentlich bekannt gemachte "Versteigerung" vorausgegangen. die an dem Grundstückserwerb angeblich interessierten, von der Beteiligten zu 3 genannten Landwirte hätten ohne weiteres die Möglichkeit gehabt, durch entsprechende Gebote zum Zuge zu kommen.

Die Beteiligte zu 3 und die Genehmigungsbehörde haben näher ausgeführt, dass die Landwirte G... und E... die verkauften landwirtschaftlich genutzten Flächen für ihre jeweils auszubauenden landwirtschaftlichen Betriebe benötigten. Insoweit sei von einem bei ihnen vorhandenen dringenden Aufstockungsbedarf auszugehen. Die genannten Landwirte seien auch kaufwillig und kauffähig.

Das Landwirtschaftsgericht hat nach Beweisaufnahme durch Vernehmung der am Kauf interessierten Landwirte den Antrag der Beteiligten zu 1 zurückgewiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, der vom Landwirtschaftsgericht getroffenen Feststellungen und der Begründung dieser Entscheidung wird auf den Beschluss des Amtsgerichts - Landwirtschaftsgerichts - L... vom 17.12.2008 Bezug genommen.

Gegen diese Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts wendet sich die Beteiligte zu 1 mit der sofortigen Beschwerde, mit der sie ihren Antrag auf Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung weiter verfolgt. Zur Begründung ihres Rechtsmittels trägt sie im Wesentlichen vor:

Das Landwirtschaftsgericht habe zu Unrecht angenommen, dass der Verkauf der hier relevanten Flächen an sie, die Beteiligte zu 1, Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspreche und deshalb nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG nicht zu genehmigen sei. Wegen der geplanten weiteren Verpachtung der erworbenen Flurstücke an den bisherigen Bewirtschafter ändere die vorgesehene Veräußerung nichts an den bisherigen Verhältnissen. Auch habe das Landwirtschaftsgericht nicht hinreichend berücksichtigt, dass die angeblich erwerbsinteressierten Landwirte im Rahmen der durchgeführten "Versteigerung" bereits die Möglichkeit eines Erwerbs gehabt hätten.

Die Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung bedeute für die Beteiligte zu 2 eine unzumutbare Härte. Es würden Anreize geschaffen, die Durchführung einer Versteigerung zur Erzielung eines möglichst hohen Kaufpreises auszuhöhlen. interessierten Landwirten würden dabei günstige(re) Erwerbsmöglichkeiten über die Siedlungsgesellschaft und ein von dieser ausgeübtes Vorkaufsrecht verschafft.

Schließlich habe das Landwirtschaftsgericht auch die Interessen der Beteiligten zu 1 nicht hinreichend berücksichtigt, sie benötige die Flächen dringend für Kompensationsmaßnahmen, die ihr im Rahmen der Genehmigung der Lagerung von Gas in Salzkavernen von der zuständigen Behörde aufgegeben worden seien.

Die Beteiligte zu 3 und die Genehmigungsbehörde verteidigen die Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts.

Nach einem Hinweis und Auflagenbeschluss des Senats vom 30.4.2009 hat die Beteiligte zu 1 weiter und konkreter zur Notwendigkeit vorgetragen, die gekauften Grundstücke für ihr von der zuständigen Behörde aufgegebene Kompensationsmaßnahmen einzusetzen.

Die Beteiligte zu 3 und die Genehmigungsbehörde haben weiter zum dringenden Aufstockungsbedarf der am Erwerb interessierten Landwirte G... und E... vorgetragen. Wegen der weiteren Einzelheiten hierzu wird auf die Schriftsätze der Beteiligten vom 29.5.2009 und 4.6.2009 sowie der Genehmigungsbehörde vom 3.6.2009 Bezug genommen.

Der Senat hat zur Frage des Aufstockungsbedarfs und der bei der Beteiligten zu 1 vorgesehenen Verwendung des gekauften Grundstücks Beweis erhoben durch Vernehmung von Zeugen. Wegen der Einzelheiten des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der Senatssitzung vom 3.7.2009 Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beteiligten zu 1 ist nach § 22 LwVG zulässig und im Ergebnis auch begründet.

Sie führt dazu, dass der Bescheid der Genehmigungsbehörde vom 27.6.2008 über die angekündigte Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung und die Mitteilung der Ausübung des Vorkaufsrechts aufgehoben und die Grundstücksverkehrsgenehmigung zum hier relevanten Kaufvertrag zwischen den Beteiligten zu 1 und zu 2 erteilt wird.

Die Grundstücksverkehrsgenehmigung zum Kaufvertrag vom 8.5.2008 darf nicht nach § 9 GrdstVG versagt werden. Dementsprechend liegen auch die Voraussetzungen für eine Ausübung des Vorkaufsrechts durch die Beteiligte zu 3 als gemeinnütziges Siedlungsunternehmen nach § 4 RSG, der an die gebotene Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung angeknüpft, nicht vor.

Die Grundstücksverkehrsgenehmigung darf nach § 9 Abs. 1 GrdstVG nur versagt werden, wenn einer der in Abs. 1 aufgeführten Versagungsgründe vorliegt, insbesondere dann, wenn die Veräußerung zu einer ungesunden Verteilung des Grund und Bodens führt. Nach § 9 Abs. 2 GrdstVG liegt eine ungesunde Verteilung des Grund und Bodens in der Regel vor, wenn die Veräußerung Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht. Dieser Versagungsgrund scheidet entsprechend dem Gesetzestext nicht bereits dann aus, wenn die derzeitige Lage sich lediglich nicht verschlechtert. Dies wird von der Beteiligten zu 1 in ihrer Beschwerdebegründung teilweise verkannt, wenn sie darauf verweist, dass sich jedenfalls vorerst an der Bewirtschaftung durch den bisherigen Pächter nichts ändern wird.

Welche Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur angestrebt werden, wird insbesondere in den Agrarberichten der Bundesregierung nach § 5 LWG vorgegeben. Danach ist weiterhin davon auszugehen, dass es zu den wesentlichen Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur gehört, landwirtschaftlich genutzte Grundstücke in das Eigentum von Landwirten gelangen zu lassen, die für ihre Berufsausübung und zur Sicherung sowie Erweiterung ihres landwirtschaftlichen Betriebes auf entsprechende Flächen angewiesen sind (vgl. BGHZ 94, 292, 294. BGH RdL 1991, 15, 16. OLG Oldenburg RdL 2001, 295, 296). Eine Verschlechterung der Agrarstruktur ist danach in der Regel anzunehmen, wenn landwirtschaftlich genutzter Boden an einen Nichtlandwirt veräußert werden soll und ein Vollerwerbslandwirt das Grundstück dringend zur Aufstockung seines Betriebs benötigt, sein Betrieb leistungsfähig und aufstockungswürdig ist und er zum Erwerb des Grundstücks nach den Bedingungen des Kaufvertrags bereit und in der Lage ist (vgl. BGH, a.a.O.. BGH AgraR 1990, 315, 316. NJWRR 1998, 1470, 1471. OLG Brandenburg RdL 2009, 185, 186. st. Rspr. des Senats, z.B. Beschluss vom 29.6.2007, 10 W 22/07).

Ein solcher dringender Aufstockungsbedarf, wie er in dem in der vorliegenden Sache ergangenen Beschluss des Senats vom 30.4.2009 näher konkretisiert worden ist, ist hier nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme bei den beiden erwerbsinteressierten Landwirten G... und E... wohl durchaus vorhanden. Beide Landwirte führen leistungsfähige landwirtschaftliche Betriebe, die in den letzten Jahren vergrößert worden sind und noch weiter aufgestockt werden sollen. Im Rahmen dieser weiteren Aufstockung wäre der Erwerb von Grundstücken der hier vorliegenden Art für beide Betriebe nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten geboten und von einer gewissen wirtschaftlichen Dringlichkeit. Da es darauf jedoch letztlich nicht entscheidend ankommt, bedarf dies hier keiner weiteren Vertiefung.

Auf Seiten der Beteiligten zu 1 sind nämlich gleichrangige privilegierte Belange anzuerkennen.

Die Förderung der Eigenlandausstattung von Land und Forstwirten ist nur eine, wenn auch wesentliche Zielsetzung der Agrarstrukturverbesserung, der das GrdstVG dient. Auf die Verfolgung allein dieses Ziels darf sich die Genehmigungspraxis nach dem GrdstVG nicht verengen. Im Rahmen der Genehmigungsentscheidung sind gleichrangig auch andere Maßnahmen der Agrarstrukturverbesserung zu beachten, wie z.B. Maßnahmen des Umwelt und Naturschutzes oder sonstige andere Ziele, die für den ländlichen Raum relevant sind (vgl. dazu BGH RdL 1997, 47, 48. AgrarR 1985, 300, 301. OLG Frankfurt AUR 2003, 315, 316. OLG Oldenburg, RdL 2001, 295, 296). Vor allem sind nach § 9 Abs. 6 GrdstVG (andere) volkswirtschaftliche Belange und daraus folgende zwingende Bedürfnisse gleichrangig zu berücksichtigen. Die gesetzliche Regelung nennt dabei ausdrücklich die Veräußerung von Grundstücken zur unmittelbaren Gewinnung von Roh und Grundstoffen (Bodenbestandteilen). Dies sind jedoch nur Beispielsfälle für volkswirtschaftliche Belange im Sinne des § 9 Abs. 6 GrdstVG. In gleicher Weise sind auch die Belange anderer volkswirtschaftlich notwendiger Unternehmen zu berücksichtigen, die ebenso wie bei der ausdrücklich genannten Roh und Grundstoffgewinnung und ebenso wie Landwirte auf Flächen im Außenbereich angewiesen sind und nicht darauf verwiesen werden können, sich notwendige Grundstücke anderenorts zu beschaffen, etwa Gewerbeflächen in den in den Bauleitplänen ausgewiesenen Gewerbegebieten zu erwerben. Zu den volkswirtschaftlichen Belangen, die nach § 9 Abs. 6 GrdstVG zu berücksichtigen sind und der Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung entgegenstehen können, können alle überindividuellen Interessen von Industrie, Gewerbe, Handel, Verkehr, Energiebedarf, Bauwesen und selbst Gesichtspunkte zählen, die nur mittelbar diesen Interessen dienen (vgl. OLG Karlsruhe RdL 1977, 186, 187. OLG Stuttgart RdL 1982, 133, 134. Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, 4. Aufl., Anm. 4.13 (S. 475), m.w.N.).

Solche volkswirtschaftlichen Belange rechtfertigen auch im vorliegenden Fall die Grundstücksveräußerung an die Beteiligte zu 1.

Nach dem ergänzenden Vorbringen in der Beschwerdeinstanz und der vor dem Senat durchgeführten Beweisaufnahme steht fest, dass die hier relevanten Grundstücke von der Beteiligten zu 1 für Kohärenz, zumindest aber Kompensationsmaßnahmen benötigt werden, die ihr im Rahmen einer Genehmigung eines unterirdischen Erdgasspeichers in Jemgum von der zuständigen Behörde auferlegt worden sind. Bei den Erdgasspeichern geht es um unterhalb der Erdoberfläche in Salzstöcken ausgespülte Kavernen (Hohlräume), in die Erdgas eingelagert werden soll. Die Errichtung dieser Speicher und die Einlagerung des Gases dienen der Erdgasversorgung in Deutschland und insbesondere der Versorgungssicherheit durch entsprechende Reservehaltung. Dies entspricht nicht nur eigenen betriebswirtschaftlichen Interessen der Beteiligten zu 1, sondern liegt auch im öffentlichen Interesse und stellt einen erheblichen, allgemeinen wirtschaftlichen Belang dar. Die hier relevanten Flurstücke werden zwar nicht unmittelbar für die Erstellung der Gasspeicher, der dazu gehörenden Anlagen und Zuleitungen benötigt. Sie sollen dazu dienen, die mit der Genehmigung der Gasspeicher verbundenen Auflagen zu erfüllen. Für die mit dem Bau der Gasspeicher verbundenen Eingriffe in die Natur und den Flächenverlust müssen von der Beteiligten zu 1 naturschutzrechtliche Ersatzmaßnahmen ergriffen werden. Diese Auflagen stehen danach jedenfalls in einem eindeutigen inneren Zusammenhang mit den im allgemeinen energiewirtschaftlichen Interesse zu errichtenden Gasspeichern und ihre Erfüllung liegt ebenfalls im öffentlichen Interesse. Bereits im Rahmenbetriebsplan vom 27.3.2008 waren entsprechende zu beschaffende Ersatzflächen vorgesehen. Im Hinblick auf diese zu erfüllenden Auflagen sind die hier relevanten Flächen von der Beteiligten zu 1 erworben worden , wie der Zeuge A..., der bei der Beteiligten zu 1 als Abteilungsleiter für den Bereich Gasbeschaffung und Gasspeicherung tätig ist, glaubhaft bekundet hat. Dementsprechend sind diese Flächen nach Abschluss des Kaufvertrags und noch vor Versagung der Grundstücksverkehrsgenehmigung mit Bescheid vom 27.6.2008 in dem Antrag der Beteiligten zu 1 vom 16.6.2008 auf Genehmigung des Sonderbetriebsplans für den Gasspeicher Jemgum berücksichtigt worden und in die Aufstellung der "Flächen für den naturschutzfachlichen Ausgleich" aufgenommen worden. Auch dies hat der Zeuge A... glaubhaft bestätigt. Die entsprechende Anlage 5 über die Ausgleichsflächen, die auch die erworbenen Flächen aufweist, ist von der Beteiligten zu 1 in ihrem Schriftsatz vom 29.5.2009 in Ablichtung vorgelegten worden. Diese Anlage ist dann auch Bestandteil der später am 26.9.2008 erteilten Genehmigung des Sonderbetriebsplans geworden. Ein entsprechender Abdruck dieses Sonderbetriebsplans ist von den Vertretern der Genehmigungsbehörde im Verhandlungstermin vorgelegt worden. Danach erscheint hinreichend bewiesen, dass es bei dem hier relevanten Grundstückserwerb nicht um einen Vorratserwerb oder gar spekulativen Grundstückserwerb der Beteiligten zu 1 ging, sondern hierfür eine konkrete dringende Notwendigkeit im Rahmen der Verwirklichung eines im öffentlichen Interesse liegenden Projekts der Energieversorgung bestand.

Die Beteiligte zu 1 kann auch nicht darauf verwiesen werden, dass nach der ihr erteilten Genehmigung die subsidiäre Möglichkeit bestand, die auferlegte Beschaffung von Ausgleichsflächen durch Geldzahlungen abzulösen.

Eine solche Möglichkeit war zwar in der erteilten Genehmigung für den Rahmenbetriebsplan vorgesehen. Sie sollte nach dem Inhalt der Auflage jedoch nur bestehen, wenn wegen des bekannten angespannten Grundstücksmarktes die Beschaffung der Ersatzflächen für den naturschutzfachlichen Ausgleich scheiterte. Danach stand die Ausgleichszahlung nicht gleichrangig neben einer Ersatzbeschaffung von Grundstücken und zur beliebigen alternativen Wahl der Beteiligten zu 1, sondern der Geldausgleich war von vornherein subsidiär. Wenn - wie im vorliegenden Fall - die Ersatzbeschaffung zu realisieren war, war für die subsidiäre Ablösung durch Ausgleichszahlung kein Raum. Dieser in der Genehmigung gesetzte Vorrang der Ersatzbeschaffung von Grundstücken ist dann auch im Rahmen des Genehmigungsverfahrens nach dem GrdstVG zu beachten. Überdies ist zu berücksichtigen, dass es bei entsprechender Ausgleichszahlung Sache der öffentlichen Hand gewesen wäre, durch entsprechende Maßnahmen für den naturschutzfachlichen Ausgleich und damit ggf. für notwendige Ausgleichsflächen zu sorgen.

Nach alledem ist festzuhalten, dass hier der Grundstückserwerb seitens der Beteiligten zu 1 allgemeinen volkswirtschaftlichen Belangen entsprach und von § 9 Abs. 6 GrdstVG gedeckt war.

Überdies ist zu berücksichtigen, dass über die entsprechende Auflage und die Einstellung der hier relevanten Grundstücksflächen in den Bestand der "Flächen für den naturschutzfachlichen Ausgleich" gewährleistet erscheint, dass die entsprechenden Flächen auf Dauer der Landwirtschaft zur Verfügung stehen werden, allerdings im Hinblick auf zu wahrende naturschutzfachliche Belange nur für eine extensive Bewirtschaftung. Die Realisierung von notwendigen Maßnahmen und ggf. Einschränkungen zu Zwecken des Umwelt und Naturschutzes sind jedoch heute ebenfalls Bestandteile der zu fördernden agrarpolitischen Strukturverbesserung (vgl. BGH RdL 1997, 47, 48. AgrarR 1985, 300, 301. OLG Frankfurt AUR 2003, 315, 316. OLG Oldenburg, RdL 2001, 295, 296). Unter Berücksichtigung dieser weitergehenden agrarpolitischen Zielsetzungen ist letztlich auch nicht ersichtlich, dass die Veräußerung an die Beteiligte zu 1 Maßnahmen zur Verbesserung der Agrarstruktur widerspricht.

Dass hier - wie oben ausgeführt - die von der Beteiligten zu 3 benannten Landwirte einen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrdstVG beachtlichen dringenden Aufstockungsbedarf haben und danach auch zu den durch das GrdstVG privilegierten Erwerbern gehören, schließt hier die Erteilung der Grundstücksverkehrgenehmigung nicht aus.

Wenn auch der Käufer ein aufstockungsbedürftiger Landwirt ist oder wenn - wie im vorliegenden Fall - aufstockungsbedürftige Landwirte einem Käufer mit einem in anderer Hinsicht agrarstrukturell förderungswürdigen Projekt gegenüberstehen oder dringende volkswirtschaftliche Gründe für den Erwerb des Käufers sprechen, dann ist es nicht Aufgabe des Genehmigungsverfahrens, eine Auswahl unter den nach GrdstVG privilegierten Erwerbsinteressenten vorzunehmen. Das Genehmigungsverfahren dient nämlich nicht der positiven Lenkung des landwirtschaftlichen Grundstücksverkehrs. Deshalb kann einem Kaufvertrag, der einer bestimmten Maßnahme zur Verbesserung der Agrarstruktur oder nach § 9 Abs. 6 GrdstVG dringenden volkswirtschaftlichen Belangen dient, die Genehmigung nicht deshalb versagt werden, weil das einer anderen Strukturmaßnahme entsprechende Erwerbsinteresse eines Dritten im konkreten Fall dringlicher erscheinen mag (vgl. BGHZ 94, 292, 297. BGH AgrarR 1985, 300, 301. OLG Oldenburg RdL 2001, 295, 296).

Nach alledem durfte im vorliegenden Fall die Erteilung der Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Kaufvertrag vom 8.5.2008 nicht verweigert werden.

Die Beteiligte zu 1 hat danach mit ihren Einwendungen nach §§ 10 RSG, 22 GrdstVG Erfolg.

Da im Verfahren nach §§ 10 RSG, 22 GrdstVG das Gericht gemäß § 22 Abs. 3 GrdstVG die Entscheidungen treffen kann, die auch die Genehmigungsbehörde zu treffen befugt ist, hat der Senat die Grundstücksverkehrsgenehmigung für den Kaufvertrag erteilt.

Da wegen der zu erteilenden Grundstücksverkehrsgenehmigung die Voraussetzungen für eine Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts nach § 4 Abs. 1 RSG fehlen, konnte die Ausübung des Vorkaufsrechts seitens der Beteiligten zu 3 keine Wirkung entfalten. Aus Gründen der Klarstellung kann dies in den Tenor der Entscheidung des Landwirtschaftsgerichts aufgenommen werden (vgl. dazu Netz, Grundstücksverkehrsgesetz, Anm. 10.10.2.2 (S. 839)). Hiervon hat der Senat Gebrauch gemacht.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 44 Abs 1, 45 Abs. 1 LwVG. Die Gerichtskosten sind der Beteiligten zu 3 aufzuerlegen, weil diese mit der Ausübung des Vorkaufsrechts keinen Erfolg hat und mithin unterlegen ist. Die außergerichtlichen Kosten haben die Beteiligten nach dem Grundsatz, der § 45 Abs. 1 Satz 1 LwVG zugrunde liegt, selbst zu tragen. Eine Ausnahme ist hier nicht geboten. Da die Beschwerde Erfolg hat, kommt auch eine Kostenerstattung nach § 45 Abs. 1 S. 2 LwVG nicht in Betracht.

Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf §§ 34 Abs. 2, 37, 36 Abs. 1 LwVG, §§ 39 Abs. 2, 20, 19 KostO.

Ende der Entscheidung

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